Es war wieder einmal der Wortvogel, der die Vorlage brachte. Wie so manches Mal setzte ich dort gerade an, einen meiner längeren Kommentare zu verfassen, als ich bemerkte, dass dabei ein Text entstand, der hier im Blog absolut genau so stehen könnte. Ganz im Sinne des Lebens ohne Konjunktiv stoppte ich mein Tun und wendete mich lieber meiner eigenen Plattform zu. Es geht um die Nutzung moderner Mobilität fernab vom eigenen Auto und dem normalen öffentlichen Nahverkehr.
Ich selbst habe kein Auto – auch wenn ich immer mal wieder Momente erlebe, in denen ich ernsthaft darüber nachdenke. Es wäre schon praktisch, hin und wieder einfach mal die Kletterausrüstung zu greifen und in das nahe Umland zu fahren. Es wäre schon schön, einen größeren Einkauf zu machen, ohne ihn hinterher die Straßen hinunter schleppen zu müssen. Doch, STOPP!, da gibt es schon etwas:
Carsharing
Innerhalb von Berlin zu leben hat Vorteile. Einer davon ist die Versorgung mit Carsharing-Fahrzeugen. Es ist nun schon einige Jahre her, als DriveNow und Car2Go die Einwohner dieser Stadt als potentiellen Markt erkannten. Als ich damals nach Berlin zog, stieß ich mein eigenes Auto ab und stieg auf Carsharing um. Das nächste Auto war immer um die nächste Ecke. Warum dann immer zum eigenen laufen müssen? Abgerechnet wurde nach Nutzungsminuten, abgestellt wurde das Auto irgendwo im Geschäftsbereich. Welcher sich anfangs noch arg klein anfühlte und mich zwang, das Auto eine Fußgängerbrücke von meiner Wohnung entfernt abzustellen. Doch die Bereiche wurden vergrößert, die Fahrzeugflotten erweitert und die Marktteilnehmer vermehrt. Zwischenzeitlich zählte ich in Berlin allein fünf oder sechs verschiedene Anbieter und ich fühlte mich zeitweise so, wie damals, als man ständig die günstigste Telefonvorwahl für die beste Tageszeit aussuchen musste. Mittlerweile dominiert Miles Mobility, die nicht nach Zeit, sondern nach Kilometern abrechnen und damit die Berliner Staus entspannter angehen lassen. Nur zu Nachtzeiten, bei leeren Straßen und flottem Durchkommen, wünsche ich mir die zeitbasierten Konkurrenten zurück, die dann günstiger gewesen waren. Die hat Miles mittlerweile alle aufgekauft und sich so zum Quasi-Monopolisten entwickelt. Keine zweihundert Meter ohne Fahrzeugmöglichkeit!
Es ist in der Tat sehr komfortabel, einfach in das nächste Auto an irgendeiner Straße steigen zu können und es wiederum irgendwo abstellen zu dürfen, ohne sich Gedanken machen zu müssen, ob man dort überhaupt noch einmal vorbei kommen würde. Miles ist meine Nummer eins bei der Wahl nach Mobilität, wenn es etwas zu transportieren gibt, wenn eine zeitweilige S- oder U-Bahn-Einschränkung zu unangenehmen Fahrzeitverlängerungen führt oder einfach, wenn man doch an einem Tag nur für sich sein möchte. In den allermeisten Fällen sind die Fahrzeuge sehr gut gepflegt, man muss keine Parkgebühren extra bezahlen, denn alles inklusive. Nur sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass das Auto beim Abstellen nicht in einem Funkloch steht, da es eine Internetverbindung zum Öffnung benötigt. Ansonsten bekommt man es mit sehr unschönen Erlebnissen in der Kundenhotline aus IKEA-Parkhäusern oder der Brandenburgischen Walachei heraus zu tun. *hüstel*
Neben Miles gibt es bei uns noch GetAround. In dem Konzept werden die Fahrzeug von Privatpersonen zur Verfügung gestellt. Hiermit werde ich allerdings nicht warm, denn Privatautos sind immer in sehr unterschiedlichen Zuständen: Kinderhinterlassenschaften oder Hundehaare sind genauso an der Tagesordnung wie verheimlichte oder bislang unentdeckte Probleme am Auto selbst. Außerdem mag ich es nicht, mit fremden Menschen gleich zwei Termine für die Schlüsselübergaben bei Abholung und Rückgabe ausmachen zu müssen – bei allen Risiken von Verzögerungen auf beiden Seiten.
Uber
Über Uber ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Insbesondere die heimischen Taxi-Unternehmen fluchen sehr, denn diese unterliegen sehr strengen Beförderungsauflagen – im Gegensatz zum neuartigen Konkurrenten. Sie benötigen einen Taxischein, sie dürfen nur in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich Fahrgäste aufnehmen, unterliegen einer fixen Kostentabelle. Uber hingegen hat den Ruf, seine Fahrer am Hungertuch nagen zu lassen.
Die ersten Probleme sind meiner Meinung nach hausgemacht und hängen eng mit den schwerfälligen, bürokratischen Prozessen unseres Landes zusammen, das die digitale Entwicklung der letzten zwanzig Jahre schlicht verschlafen hat und noch immer so tut, als gäbe es sie nicht. Wie schon der Wortvogel in seinem Artikel so treffend schrieb, ist ein Taxischein zur Stadtkunde keine zwingende Voraussetzung mehr, um auf günstigsten Strecken von A nach B zu kommen – dank Navigationssystemen.
Uber hat hingegen sehr viele Vorteile. Beim Rufen eines Fahrzeugs in der App bekommt der Fahrgast direkt einen Fixpreis gemeldet. Damit entfällt das oft flaue Gefühl, dass sich insbesondere in unbekannteren Umgebungen einstellt, ob der Taxifahrer gerade absichtlich noch eine Extrarunde dreht. Auch die absolute Transparenz hinsichtlich des Fahrers und des Fahrzeugs und der damit direkt verbundenen Kommentarfunktion sorgt unmittelbar für ein besseres Miteinander im Fahrzeug. Der Fahrer kann sich keine schlechten Bewertungen leisten, weil er dann bei weiteren Buchungen nicht mehr angenommen werden könnte. Natürlich entfällt auch das unsägliche Rumfeilschen für das Akzeptieren der Kartenzahlung automatisch, da die Abbuchung automatisch in der App geregelt ist.
Hin und wieder wähle ich für kurze Strecken ein klassisches Taxi vom nahegelegenen Taxistand, wenn ich nachts in einem Bahnhof alkoholisiert zu stranden drohe. Doch Uber ist letztlich meine Nummer eins bei der Wahl der chauffierten Beförderung, insbesondere wenn ich mich in gänzlich fremden Städten bewege. Zwar bevorzuge ich stets den jeweiligen öffentlichen Verkehr, aber gerade in der Nacht oder bei dringenden Terminen ist Uber das Komfortabelste, das man finden kann.
Was das Thema der Ausbeutung betrifft: Ich habe mit etlichen Taxi- und Uberfahrern und -fahrerinnen über deren Arbeitsbedingungen geredet. In meiner subjektiven, unrepräsentativen Wahrnehmung gibt es deutlich mehr schwarze Schafe im Taxigewerbe als unzufriedene Fahrer bei Uber.
PS: Wie bereits anderswo geschrieben: Kürzlich durfte ich erleben, dass in Kopenhagen das „Taxi vs. Uber“-Thema überhaupt nicht existiert. Die haben beide Systeme einfach fusioniert. Bestellt man ein Uber, kommt dennoch ein Taxi angefahren, das im Taxameter einfach einen Festpreis programmiert hat. Das nenne ich eine fortschrittliche Weiterentwicklung! Offensichtlich war man dort an Lösungen interessiert, während man in Deutschland, wie immer, nur konservatives Denken in Sachen Digitalisierung vorfindet.
E-Scooter
E-Scooter, elektrisch unterstützte Tretroller, sind in modernen Stadtbildern seit Jahren eine einzige Quelle an Diskussionen (beide Begriffe verwedn. Und ich kann beide Seiten verstehen. Die Haben-Seite argumentiert mit einer sinnvollen Alternative zum Selber-Laufen für die „Letzte Meile“ nach der Bushaltestelle. Es ist unbestreitbar, dass Leute, die weniger gut zu Fuß sind, oder es besonders eilig haben, hier ein großartiges Hilfsmittel vorfinden können, um noch mobiler zu werden. Die Gegenseite argumentiert mit einer Verschandelung des Straßenbildes, was meiner Meinung nach eher im Auge des Betrachters liegt. Was ich aber ausnahmslos teile, ist die Idiotie vieler Benutzer, die rücksichtlos die über zwanzig km/h schnellen Geräte durch Menschenmengen oder über vielbefahrene Straßen führen, gern zu zweit oder/und in angetrunkenem Zustand. Noch schlimmer empfinde ich das achtlose Abstellen der Fahrzeuge an jeder sich bietenden Gelegenheit, das Fußgänger zum Umlaufen und Radfahrer schon hier und dort einmal zu Schnellbremsungen zwingt. Noch schlimmer dürfte es sich für körperlich beeinträchtigte Menschen gestalten, die mit ihren Rollstuhl mühselige Ausweichmanöver durchführen müssen oder Blinden, die die Hindernisse vielleicht erst viel zu spät wahrnehmen. Noch schlimmer sind fraglos die Idioten, die die Fahrzeuge in Gewässer, Bahnanlagen oder Wälder schmeißen. Dazu fehlen einem komplett die Worte.
Dennoch habe ich sie natürlich schon ausprobiert. Meine ersten Rollversuche tat ich vor einigen Jahren bei einer urbanen Geocaching-Tour durch Hannover, wo mir so ein Gefährt als durchaus praktisch erschien, um fix von einem Häuserblock zum nächsten zu gelangen. Damals endete die Fahrt von in Summe um die fünf Kilometern mit einem Preis von um die fünfzig Euro. Dabei inbegriffen war das mehrfache Wechseln des Gefährts aufgrund von mangelnder Akkuleistung und dem darauffolgenden mehrfachen Bezahlen des Grundpreises bei Eröffnung einer neuen Fahrt bei einem neuen Scooter. Das erschien mir absolut unangemessen und ließ mich wieder größeren Abstand dazu nehmen.
Mehrere Jahre später bin ich immernoch kein Freund von den Rollern, auch wenn ich glaube, dass die Preisgestaltung inzwischen etwas humaner geworden ist. Insbesondere das Fahrgefühl ist es, das mich skeptisch bleiben lässt. Die winzigen Räder und der senkrechte Lenker fühlen sich bei jeder Bodendelle einfach nur wackelig an. Auch wenn sie zumindest in Berlin noch immer an vielen Ecke stehen, greife ich dennoch eher selten darauf zurück, weil ich einfach sehr gern zu Fuß unterwegs bin. Doch es gibt wenige Ausnahmen: Wenn ich beispielsweise nachts an einer der Bushaltestelle etwa drei Kilometer von meiner Haustür entfernt den letzten Bus verpasst habe, dann steige ich dankend auf das nächste dort stehende Fahrzeug und spare mir so die Verlängerung meines Heimwegs um zwanzig Minuten.
Es gibt immer mehr Verbotszonen zur Abstellung in Berlin. Das soll dazu dienen, hoch frequentierte Fußgängerbereiche vor den Rollern zu schützen. Auch komplette Verbote werden immer mal wieder diskutiert – analog zu Paris, wo die E-Scooter 2023 gänzlich verboten wurden. Ich stehe beidem kritisch gegenüber und fänd es schade, wenn die Idioten, die mit den Geräten Missbrauch betreiben, dazu führten, diese letztlich schon sehr nützliche Erweiterung der Mobilität einzuschränken. Verbotszonen widersprechen schlicht dem Gedanken der „Letzten Meile“. Wenn man genau dort hin will, dann bringt es nichts, wenn die nächste mögliche Abstellung der nächste U-Bahnhof ist, den man auch so per Bahn erreichen würde. Beispielsweise befinden sich Großteile des Tiergartens in solch einer Zone. Schon allein seiner schieren Größe wegen ist es so für viele mobilitätseingeschränkte Menschen weniger möglich, die Naherholung zu nutzen, die eine solche Mobilitätsunterstützung böte.
Fazit
Im Großen und Ganzen rechnet sich ein Auto für uns nicht. Ja, es mag ein paar Monate geben, in denen wir letztlich mehr Geld für zusätzliche Mobilität ausgeben, als uns ein eigenes Auto gekostet hätte, doch diese sind in der absoluten Minderheit. Bei längeren Strecken verfügen wir über recht günstige Bahntickets, bei kürzeren Unternehmungen tun wir uns oft mit Freunden zusammen und teilen uns ein Auto – entweder deren eigenes oder ein gemeinsames Carsharing-Fahrzeug. In manchen Fällen können wir uns auch ein sonst nur herumstehendes Auto bei Freunden borgen – oder eben in Ausnahmefällen, wie einen Urlaub, eben über eine reguläre Ausleihstation eines mieten. Alles in allem überwiegen die Kosten niemals die Kosten eines eigenen: Anschaffung, Reparatur, Wartung, Steuer, Versicherung, Benzin, Parkgebühren. Das geht natürlich ein wenig zulasten von Komfort, aber damit können wir gut leben. Letztlich empfinde ich all diese neuen Mobilitätsangebote als durchaus nützlich, auch wenn bei einigen sicherlich noch hier und dort Fragen zu klären sind.

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